Weihnachten & Silvester mit Hund
Warum ist die Festzeit für Hunde besonders, was ist hinsichtlich Deko, Baum und Kerzen zu beachten, gibt es Gefahren beim Festessen und wie gestalte ich Rückzugsorte für meinen Hund? Warum macht Feuerwerk Angst, welchen Akut-Plan kann ich verfolgen, wie kann ein Trainings- und Präventionsprogramm aussehen, lohnt es sich den Tierarzt mit einzubinden und was passiert im Notfall?
Warum die Festzeit für Hunde besonders ist
Weihnachten und Silvester verdichten für Hunde alles, was Stress triggern kann: ungewohnte Gerüche, Geräusche, Lichtblitze, geänderte Tagesabläufe, fremde Menschen, reichhaltiges Essen und zum Jahreswechsel die extreme Lärmbelastung durch Feuerwerk. Hunde hören höhere Frequenzen und nehmen Gerüche intensiver wahr als wir – das macht die Sinnesflut zur echten Herausforderung.
Silvester ist dabei der „Peak“: plötzliche, unvorhersehbare Knallereignisse, Lichtblitze, Vibrationen und Brandgeruch aktivieren angeborene Flucht-/Sicherungsreaktionen; viele Hunde zeigen Zittern, Hecheln, Verstecken, Unruhe oder Fluchtverhalten. Allein zum Jahreswechsel 2023/2024 wurden über 457 Hunde als vermisst gemeldet.
Weihnachtsfreuden ohne Risiko: Deko, Baum, Kerzen & Pflanzen
- Christbaum & Baumwasser: Baumwasser kann Bakterien/chemische Rückstände enthalten; abdecken. Nadeln und Lametta (Tinsel) bergen Verletzungs- und Darmverschluss-Risiko – verzichten oder hoch platzieren, robuste Ornamente nutzen. Kabel sichern, wenn möglich ohne Aufsicht keine Lichter eingeschaltet.
- Salzteig-Ornamente: Gefahr Salztoxizität – außerhalb von Reichweite.
- Kerzen: Brandgefahr, nie unbeaufsichtigt
- Batterien & Schneekugeln: Batterien können chemische Verätzungen verursachen; manche Schneekugeln enthalten Ethylenglykol (hoch toxisch).
- Pflanzen:
- Weihnachtsstern (Poinsettia) → meist Magen-Darm-Reizung.
- Mistel → gefährlich: Erbrechen, Durchfall, Herz-Kreislauf-Probleme bei größeren Mengen.
- Stechpalme (Holly) → Speicheln, Erbrechen, Durchfall; spitze Blätter verletzen.
- Lilien → hochtoxisch (v. a. für Katzen), bei Hunden ebenfalls vermeiden.
Sicher: künstliche Alternativen nutzen oder unzugänglich platzieren.
Praxis-Tipp: „Kinder-/Hundesicher dekorieren“ – was Kleinkindern gefährlich wäre, ist für neugierige Hunde ebenso tabu.
Festessen & Leckerlis: Was Hunde (nicht) fressen dürfen
Giftige bzw. gefährliche Lebensmittel (unvollständig, die wichtigsten):
- Schokolade (Theobromin/Koffein) → von Erbrechen/Unruhe bis Krampfanfälle; je dunkler, desto gefährlicher.
- Trauben & Rosinen (auch Zante-Currants) → Risiko akutes Nierenversagen; jedes Vorkommnis ernst nehmen, sofort handeln. Mechanismus: sehr wahrscheinlich Weinsäure (Tartaric Acid)/Kaliumbitartrat; Dosis individuell, deshalb immer Notfall.
- Xylit (Birkenzucker) in „zuckerfreien“ Produkten → bei Hunden rasche Hypoglykämie, teils Leberversagen; schon kleine Mengen gefährlich.
- Fettreiche Reste, Knochen → Pankreatitis, Knochen splittern/Blockaden.
- Zwiebel/Knoblauch → Anämie bei Übermaß.
- Alkohol → strikt vermeiden.
Sichere, kleine Festhäppchen: ungewürzte mageres Geflügel, gedämpftes Gemüse (Brokkoli, Karotten, Erbsen) – stets in kleinen Mengen, ohne Saucen.
Erste Hilfe bei Verdacht: Verpackung sichern, Menge/Zeitpunkt abschätzen, sofort Tierarzt/Notdienst kontaktieren; keine Hausmittel (kein Salz, kein erzwungenes Erbrechen ohne tierärztliche Anweisung).
Gäste, Routinen & Rückzugsorte: So bleibt der Hund entspannt
- Rituale halten: Spaziergang, Fütterung und Ruhezeiten möglichst wie gewohnt – feste Routinen senken Stress.
- Sicherer Rückzugsort: „Hundehöhle“ (Box/geschützter Bereich) mit Decken, Lieblingsspielzeug, Kaubeschäftigung; Vorhänge zu, Hintergrundgeräusche (leise Musik/TV) als akustischer Schutz.
- Gäste briefen: Kein Füttern vom Tisch, Türen/Tore schließen, Kinder beaufsichtigen, Hund respektieren wenn er Rückzug sucht.
- Kennzeichnung: Mikrochipdaten aktuell, Adressanhänger am Halsband – falls Türen aufgehen/Flucht.
Silvester verstehen: Warum Feuerwerk Angst macht
Hunde nehmen Frequenzen bis ~50–60 kHz wahr (Mensch bis ~20 kHz) und können den Brandgeruch stark einordnen; plötzliche, unvorhersehbare Ereignisse ohne erkennbare Dauer triggern Flucht, Hypervigilanz, teils Panik. Das Lärm- und Geruchserlebnis ist multi-sensorisch, nicht nur akustisch.
Mehrere deutsche Quellen berichten zudem jährlich über verletzte/entlaufene Tiere und fordern teils Feuerwerksverbote oder Zonenbeschränkungen; lokal gelten oft Verbotsbereiche (z. B. Nähe zu Kirchen, Kliniken, Heimen) und Nutzungsfenster nur am 31.12./01.01.. Informiere dich über kommunale Regeln und die generelle Rechtslage (F-Klassen, Verkaufszeitraum).
Akut-Plan für den 31.12.: Schritt für Schritt durch den Abend
Morgens/Mittags
- Lange, ruhige Auslastung (körperlich & geistig), damit abends mehr Ruhe.
- Spaziergang früh und an der Leine – schon tagsüber kann geböllert werden.
- Rückzugsort vorbereiten: Decken, Box/Höhle, Wasser, Beschäftigung. Fenster/Vorhänge schließen, Geräuschkulisse (Musik/weißes Rauschen) bereitstellen.
Abends
- Hund nicht allein lassen; Bezugsperson signalisiert Sicherheit, ruhig bleiben.
- Hintergrundgeräusche moderat aufdrehen, Lichtblitze abschirmen.
- Kau- & Futtersuchspiele (wenn Hund annimmt) – ad-hoc Gegenkonditionierung: Jeder Knall → Futterjackpot (nur falls Hund fähig zu fressen ist). Wirksamkeitsdaten sprechen klar dafür.
- Nicht bestrafen, Zuwendung situationsabhängig: Wenn der Hund Nähe sucht, ruhig streicheln, aber keine Nervosität spiegeln.
- Sicherheit: Halsband/ID drin, Türen/Fenster dicht, kein Garten während Peak-Böllerei.
Trainings- und Präventionsprogramm (4–6 Wochen vor Silvester)
Ziel: Geräusche als nicht gefährlich einstufen, Entspannung konditionieren, Routinen stabilisieren.
Bausteine:
- Desensibilisierung & Gegenkonditionierung mit Feuerwerks-Audios: Ultra-leise starten, Entspannungsritual aufbauen
- Relaxationstraining: „Matten-Entspannung“ als konditioniertes Ruheverhalten – später in den Rückzugsort übertragbar.
- Umweltmanagement: Rückzugsort, Abdunklung, Geräuschkulisse trainieren, tägliche Routine bewusst festigen.
Hinweis: Viele „Alternative“ Produkte (Nutraceuticals, Bachblüten, Kräuter, Pheromone) können unterstützen, ersetzen aber Training/medizinische Maßnahmen nicht und sind wissenschaftlich nicht belegt.
Medizinische Optionen, Pheromone & Hilfsmittel
- Tierärztlich verordnete Medikamente: Bei ausgeprägter Geräuschangst können kurzzeitig wirksame, zugelassene Präparate sinnvoll sein – immer mit Tierarzt abstimmen, keine Selbstmedikation mit Humanpräparaten.
- Pheromone: können Stress reduzieren, wirken individuell und ergänzend (kein Allheilmittel).
- Druckwesten (z. B. ThunderShirt): sanfter Druck kann manchen Hunden beruhigend wirken – vorab ausprobieren
Notfallmanagement: Wenn doch etwas passiert
Entlaufen / Panikflucht
- Sofort Halter:innen-Netzwerke, TASSO/Chipdaten, örtliche Behörden informieren; Rückkehrchancen steigen mit aktuellen Chips/ID.
Vergiftungen / Fremdkörper / Verbrennungen
- Keine Hausmittel; sofort Tierarzt kontaktieren, Verpackungen mitnehmen (Xylit, Schokolade, Rosinen etc.).
Nach Silvester ist vor Silvester:
Belastungstagebuch: Welche Maßnahmen halfen? Wo gab es Rückschritte?
- Tierarzt-Besuch: Bei neuen/verschlimmerten Ängsten, v. a. Senioren – Schmerz (z. B. Arthrose) kann Geräuschangst verstärken.
- Jahresplan: Routinen stabil halten; Training professionalisieren (ggf. Verhaltenstherapie).
Fazit
Weihnachten und Silvester können trotz Deko, Besuch und Feuerwerk hundegerecht gestaltet werden – mit Planung, Training, klarem Notfall- und Abendablauf sowie Respekt vor den Bedürfnissen des Hundes. So wird die Festzeit nicht nur sicher, sondern auch schön – für alle Familienmitglieder auf zwei und vier Beinen.
Quellen:
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Riemer, S. (2023). Therapie und Prävention von Lärmängsten bei Hunden. https://www.mdpi.com/2076-2615/13/23/3664 (23.12.2025).
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Zooplus (2025). Hund an Silvester. https://www.zooplus.de/magazin/hund/hundeerziehung/hund-feuerwerk (22.12.2025).
23.12.2025 – Es kann keine Verantwortung hinsichtlich Vollständigkeit und Korrektheit übernommen werden. Alle Angaben und genannten Hinweise sind Empfehlungen und müssen individuell geprüft werden.
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